Da ich mich entschieden hatte, Joshua hier selber zu unterrichten, bereitete ich mich bereits in Deutschland darauf vor. Ich besorgte mir Materialien für  Fächer, die ich selber bisher nicht oder nur mal vertretungsweise unterrichtet habe. Durch den Einsatz auch in Grundschulen als Feuerwehrlehrkraft hatte ich sogar Etwas für die Grundschuljahre, auch aus der Zeit des Referendariats hatte ich Einiges aufgehoben. Da meine Mutter eine mathematikliebende Lehrerin an der Grundschule ist, holte ich mir bei ihr natürlich den ein oder anderen Rat und auch wichtige Infos zur Materialbeschaffung und Ideen zur Umsetzung. Mir war aber klar, das ich nicht alleine mit den Kindern zuhause sitzen und das Schulprogramm am heimischen Schreibtisch durchziehen wollte, also suchte ich im Internet nach Gruppen von Homeschoolern und wurde schnell fündig. Die Austin Area Homeschoolers sind eine riesige Community mit allerlei Veranstaltungen, das erschien mir sehr attraktiv. Da sollte für uns doch auch etwas dabei sein. Anmelden konnte ich mich aber leider erst in den USA, weil ich eine amerikanische Adresse und Telefonnummer dafür brauchte. Da ich mit der Schule ja aber im Grunde erst im Sommer 2017 anfangen muss, machte mir das keine Sorgen, wir würden genug Zeit haben, hier anzukommen, die Gruppe kennen zu lernen und unseren Platz in der Homeschoolerszene zu finden.

Das hatte ich mir wirklich schön ausgemalt. Nun zur Realität.

Angefangen hat unser Abenteuer ja mit einem Urlaub in Florida. Die ersten Wochen in Austin verbrachten wir mit der Haus- und Autosuche, wir richteten uns ein und versuchten uns an die neue Umgebung und Kultur zu gewöhnen. Als ich dann endlich meinen ersten Kontaktversuch an die Homeschooler startete, hatte Joshua bereits 8 Wochen ohne Kindergarten, Freunde und Verwandte hinter sich. Und er laaaaaaaaangweilte sich. Natürlich waren wir auf diversen Spielplätzen unterwegs, nur leider trafen wir dort höchst selten andere Kinder an. Und selbstverständlich hielten wir in der Nachbarschaft Ausschau nach anderen Kindern, leider ließen sich aber nicht besonders viele blicken und wenn, dann waren es Schulkinder, die also erst kurz vor dem Abendbrot nach Hause kommen und somit für Verabredungen nicht zur Verfügung stehen.

Ich freute mich sehr, als wir uns bei Nachbarn vorstellten und erfuhren, dass ihre drei Kinder auch zuhause unterrichtet werden, zumindest teilweise, wenn sie nicht Homeschooler-Kurse an einer Privatschule nehmen. Nur leider sind es zwei Mädchen, die auch noch älter als Joshua sind und ein Junge in Benjamins Alter. Also nicht unbedingt das Non-Plus-Ultra, aber immerhin, Kinder in direkter Nachbarschaft, die tagsüber zuhause sind. Ein, zweimal waren wir sogar schon zum ‘ in der Einfahrt spielen’ bei ihnen drüben, aber das wars dann auch schon. Da die Mutter von zuhause aus arbeitet und meistens eine Nanny bei den Kindern ist, sieht ihr Homeschooleralltag doch ziemlich anders aus als unserer.

Gut, aber ich hatte ja noch die Austin Area Homeschooler. Und an die wandte ich mich. Aber leider reagierten sie erst nach zwei Wochen. Dann musste ich mich erstmal in der Yahoo-Gruppe zurechtfinden (OMG ist das unübersichtlich und kompliziert). Leider musste ich auch feststellen, dass viele Aktivitäten im Norden der Stadt sind, da ist mir einfach der Weg zu weit. Es dauert, je nach Verkehrslage, bis zu einer Stunde, bis wir dort angekommen sind und das ist mir für eine Spielplatzverabredung dann doch zu lange. Die Yahoogruppe trieb mich fast in den Wahnsinn, deshalb war ich froh, als jemand eine Facebookgruppe für die South Austin Area vorschlug. Hier haben wir dann auch einige Verabredungen getroffen, ergeben hat sich daraus aber bisher sehr wenig und – vor allem – nichts regelmäßiges. Nun sind die Kinder ja auch noch klein, deshalb muss unterrichtstechnisch noch nicht wirklich viel stattfinden, das macht es aber auch nicht einfacher.

Richard suchte zwischenzeitlich immer wieder mal nach Möglichkeiten, Joshua doch in einer Schule oder einem Kindergarten unterzubringen, denn wir machten uns Sorgen, wie er unter diesen Umständen Englisch lernen sollte. Für mich fühlte sich das an, als ob ich versage. Ich wollte Joshua nicht in die Schule schicken, aber ich hatte Angst, dass es nicht reicht, was ich mache. Die Schule hier kam für Joshua allerdings doch nicht in Frage, sie liegt nicht gerade in einem tollen Bezirk, und für die Pre-School (also den Kindergarten) ist er eigentlich schon zu alt und da war es mehr als unwahrscheinlich, dass wir eine Schule finden, die uns zusagt, die dann auch noch mitten im Schuljahr einen Platz für ihn hat. So bleibt es also dabei, ich unterrichte ihn selber. Aber ich muss mich noch damit auseinandersetzen, wie das genau aussehen soll. Bisher ging es vor allem darum, Kontakte zu knüpfen. Das ist immer noch mühsam, aber es geht voran. Wir haben z.B. die Austin Free Forest School entdeckt. Das sind Eltern mit Kindern im Alter von 0-6, die sich in Parks treffen und die Kinder das Wildlife entdecken lassen, während sie selber mit anderen Eltern quatschen. Das ist genau unser Ding, ab in die Natur, gemeinsam mit Gleichaltrigen Fische fangen, Schlangen entdecken, Hütten bauen… super. Freunde haben wir auch gefunden, mit denen treffen wir uns immerhin einmal in der Woche und unternehmen etwas gemeinsam oder spielen hier bei uns. Und Englisch lernt Joshua tatsächlich nebenbei. Er schnappt überall etwas auf und braucht mich zum Übersetzen eigentlich nicht mehr. Sein Englisch klingt auch richtig gut, es ist schon erstaunlich, wie schnell Kinder eben noch lernen, sogar mit fast 6 noch.

Zuhause bearbeiten wir ab und zu einen Vorkurs unseres Mathe- und Deutschlehrwerks, spielen viel, schauen fern, hören und lesen Geschichten… und es begeistert mich immer wieder, wie Lernen einfach im Alltag stattfindet.

Das nennt man dann auch Lifeschooling. Davon, wie auch vom Deschooling, Homeschooling, Unschooling, Worldschooling, Roadschooling, was all das bedeutet und wie es in unser Leben passt, berichte ich im nächsten Artikel.

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