Du willst was? Joshua selber unterrichten? Ungläubige Blicke, Zweifel und Neugier wurde uns entgegengebracht, wenn wir von unseren Plänen erzählten. Wie es dazu kam, dass ich als Lehrerin meine Kinder eben nicht zur Schule schicken möchte? Das war in etwa so:

Joshua wird nächstes Jahr 6, er wird ein Schulkind. In Deutschland wäre er mit seinen Freunden gemeinsam eingeschult worden, wir machten uns bereits Gedanken darüber, wo das wohl sein könnte, wollten umziehen, um ihm einen Schulwechsel in der Grundschulzeit zu ersparen. Doch dann beschlossen wir, in die USA zu gehen. Zuerst war für mich völlig klar, dass er dann eben hier eingeschult wird. Ich erkundigte mich, und war froh zu erfahren, dass er auch erst mit 6 Jahren in die Schule muss und damit Zeit hat, Menschen, Kultur und Sprache kennen zu lernen, bevor für ihn der Ernst des Lebens los geht.

Damit ich vielleicht auch arbeiten gehen kann, begann ich, Informationen über eine Tagesbetreuung für Benji zu suchen und war entsetzt. Teuer, schlechte Betreuung, fehlende Ausbildung… mir wurde ganz anders. Ich dachte darüber nach, selber Tagesmutter zu werden, um Benji optimal versorgt zu wissen und gleichzeitig Geld zu verdienen. Und nun ging es in meinem Kopf los: mir wurde bewusst, das Joshua dann der Einzige wäre, der das Haus verlassen müsste und das auch noch von ca. 7:30 Uhr bis 16:00 Uhr. Wer meinen Sohn kennt, weiß, dass er eine Zeit braucht, sich auf Neues einzulassen und dass er außerdem außerordentlich gerne in meiner Nähe ist. Zweifel keimten auf, ob ihm das gefallen würde. Im Anschluss an die Schule hätte er sowohl Hausaufgaben zu erledigen als auch noch Deutsch zu lernen, damit er in 5 Jahren in Deutschland zurechtkommt. Wann bliebe da noch Zeit zum Spielen? Manch einer mag das als zu schwarz gemalt empfinden, ich hielt es aber für recht realistisch (und bin hier überzeugter denn je, wenn ich sehe, wann die Schulbusse fahren!).

So empfand ich das Homeschooling als gute Alternative, als ich im Internet darüber stolperte. Joshua könnte mit mir gemeinsam lernen, Benji wäre versorgt und Zeit zum Spielen wäre auch genug vorhanden. Auch in der Schule fasziniert mich seit langem der Ansatz, Schüler möglichst frei lernen zu lassen, was in unserem System allerdings sehr schwierig ist. Hier hätte ich eine Gelegenheit, ganz neu und anders als bisher an ‘Unterricht’ heran zu gehen.

ABER: Richard war völlig entgeistert. Homeschooling kam für ihn gar nicht in Frage, vor allem, weil Joshua dann der Kontakt zu anderen Kindern fehlte. Doch darauf war ich vorbereitet. Wir wären ja nicht die Einzigen, die hier Homeschooling praktizierten und wenn wir uns einer Elterninitiative anschlössen, hätte er auch den Kontakt zu Gleichaltrigen. Ich hatte bereits eine Gruppe in Austin gefunden und langsam freundete sich auch Richard mit dem Gedanken an. Allerdings diskutierten wir darüber noch viele Male, er fragte sich z.B. ob ich dann auf Englisch unterrichten würde. Das fühlte sich für mich aber falsch an, doch empfand ich das nicht als großes Problem, da ich darauf hoffte, dass er hier in so genannten Co-Ops von anderen Eltern auf Englisch unterrichtet  und im Kontakt mit den Kindern genug Englisch hören und auch selber sprechen würde. Ich selber fragte mich, ob Joshua zuerst auf Deutsch lesen und schreiben lernen sollte oder auf Englisch und wie um Himmels Willen sollte ich das auf Englisch hinkriegen? Ich durchforstetet das Internet nach Anlauttabellen für Englisch, fand aber nichts und verwarf die Idee wieder. Irgendwann mochte ich gar nicht mehr darüber reden, denn es blieb ja doch alles theoretisch.

Aber ich hatte für mich den Plan gefasst, meine Kinder hier selber zu unterrichten, wie auch immer. Ich wollte gerne die ersten Monate nutzen, um auszuloten, ob meine Pläne realistisch sind, ob meine Geduld reicht, ob wir Kontakt zu anderen Homeschoolern finden, und ob wir auch Lust haben, mit diesen Zeit zu verbringen… Leider machte mir Richard einen Strich durch die Rechnung, indem er Joshua von unseren Plänen erzählte. Nun war der (Schul)Bus abgefahren, denn der Gedanke gefiel ihm sehr gut und von nun an verkündete er stolz: Meine Lehrerin heißt Mama!

Ich werde hier regelmäßig davon berichten, wie es uns mit dieser Entscheidung geht und ihr bekommt einen Einblick in unser Homeschooling.

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