Ich stehe lachend vor dem blauen Meer

Die Route wird neu berechnet. Das hat die Frau im Navi schon häufiger zu uns gesagt. Sie schlägt uns auch immer wieder tolle Routen vor, mit denen wir 4 Minuten sparen können, am Ende dann aber doch länger brauchen. Leider können wir ihr auch keine Höchstgeschwindigkeit angeben, so dass sich die geplante Ankunftszeit auch gerne nach hinten verschiebt. Und unsere Kinder erhalten deshalb auf ihre Frage, wie lange es denn noch dauert, gerne die Antwort: “Bis wir da sind”. Denn alles Jammern nützt nix. Es dauert halt so lange, wie es dauert.

Das mussten wir dieses Jahr nicht nur bei Autofahrten feststellen. Als Reisefamilie fühlen wir uns nicht mehr. Und doch waren wir auch dieses Jahr wieder in sechs Ländern unterwegs. Aber irgendwie anders, irgendwie ernster. Mit mehr Druck dahinter. Schon zum Jahresanfang wurde deutlich, wie dringend der Wunsch nach einem Zuhause geworden ist. Die Jungs wünschten sich, dass wir endlich mal bleiben. Und im Laufe des Jahres äußerten sie diesen Wunsch immer klarer. “Wenn wir dann ein Haus für immer haben…” wurde ihr Mantra. Und so suchten wir nach einem Haus. Also natürlich nach einem Haus, das ein Zuhause werden kann.

Und wurden mit den Monaten immer verzweifelter. Wir hatten einfach keine Lust mehr, weiter zu suchen. Aber ein Zuhause aus dem Ärmel zu schütteln, ist eben auch nicht drin. Das ist ein furchtbares Gefühl, nirgendwo zuhause zu sein. Und zerrissen zwischen Wollen und Nicht-Können. Im Sommer wünschte meine Mama mir viel Glück dabei, nun unser Zuhause zu finden. Ich sagte, ja, das müssen wir auch endlich, woraufhin sie nur meinte: Das hast du letztes Jahr auch schon gesagt. Das ist möglich, aber auch wenn wir viele vielversprechende Möglichkeiten schon ausprobiert und uns dagegen entschieden haben: Es dauert eben so lange, wie es dauert.

Aufgeben ist keine Option. Es muss weitergehen, denn wir sind nicht so weit gekommen, nur um so weit gekommen zu sein. Und so wurde das Jahr 2022 für mich eine Geduldsprobe und ein großer Kraftakt. Sogar mein Körper zeigte mir dieses Jahr, dass eine Pause dringend nötig ist. Und deshalb bin ich froh, dass ich, wenn auch noch nicht angekommen, immerhin weiß, wo es hingehen soll. Das Ziel liegt in der angezeigten Richtung.

Was habe ich mir für 2022 vorgenommen und wie ist es gelaufen?

Den Punkt fand ich beim Schreiben des Jahresrückblicks 2021 richtig schwer. Mir so konkrete Ziele zu setzen, erschien mir auf unserer sich ständig wechselnden Route, scheinbar unmöglich. Aufgeschrieben hab ich dann also eher meine Wünsche.

  • Anker werfen: Wir finden eine Homebase und richten uns dort häuslich ein. Das hat nicht ganz geklappt. Immerhin haben wir aber den Ort gefunden, wo das mit dem häuslich einrichten dann ab Februar 2023 losgehen kann.
  • Schaffen eines Lernortes: Ich gestalte (mindestens) einen Raum, in dem meine Jungs (und gerne auch andere Kinder) sich bilden können. Da dieser Punkt für mich zur Homebase gehört, muss ich auch hier passen. Auch in 2022 haben wir vor allem die Orte, die wir vorgefunden haben, zum Lernen genutzt.
  • Blogerweiterung: Ich veröffentliche monatlich einen Blogartikel und beginne einen Podcast. Oje, langsam wird es peinlich. Ich habe zwar einige Artikel veröffentlicht, aber nicht monatlich, und das, obwohl es vor allem Rückblicke waren… Und von einem Podcast bin ich weit entfernt.
  • Go East: Wir reisen endlich in den Südosten Europas. Nope, auch das wurde nichts. Wir sind gar nicht wirklich gereist, sondern haben nur die Orte gezielt angefahren, an denen wir uns ein Bleiben vorstellen konnten. Da wir noch nicht in Südosteuropa waren, wurde das schnell von der Liste gestrichen.
  • Mein Motto für 2022: Ich weiß noch nicht, vielleicht ja am Jahresanfang? Ich geh nochmal in mich. Ein Motto gab es nicht. Ich fand es so schwer, zu sagen, was kommen soll. Rückblickend ist es allerdings klar, denn das ganze Jahr stand unter dem Motto, ein Zuhause zu finden.

Na, also das war ja wohl nix. Da bin ich aber sehr gespannt, was ich mich traue im Ausblick für 2023 festzuhalten. Aber jetzt nehme ich dich mit in die Themen des vergangenen Jahres.

Mein Jahresrückblick 2022:

Unsere Reisestationen

Auch auf der Suche nach unserem Ankerplatz sind wir in Europa unterwegs gewesen. Gestartet sind wir in Portugal. Dort haben wir mit der Tavira und Aljezur noch mal Teile der Algarve ganz im Osten und ganz im Westen kennen gelernt, die wir noch nicht gesehen hatten. Danach fuhren wir nach Spanien und entdeckten auch dort mit Jávea eine für uns neue Ecke, in der wir uns am liebsten einfach dauerhaft niedergelassen hätten. Nach einer Woche in Frankreich verbrachten wir den Sommer in Deutschland.

Unseren Start im September machten wir mit einer Rundreise durch Deutschland und besuchten Familien, die wir in den letzten Jahren auf Reisen kennen gelernt haben, die mittlerweile aber wieder zurück in Deutschland sind. Durch die Schweiz fuhren wir an den Lago Maggiore, nach Pisa und mit der Fähre auf Italiens zweitgrößte Insel Sardinien. Recht spontan entschieden wir uns dann, statt zurück aufs italienische Festland noch einmal nach Spanien zu fahren und einen Monat in Jávea zu verbringen, bevor es uns zur Weihnachtszeit wieder nach Deutschland zur Familie zog.

Portugal, ein Strand bei Aljezur
Spanien, ein Blick auf Jávea, mit dem Montgo im Hintergrund
Frankreich, ein Campingplatz am Fluss
Deutschland, entspannen im Garten
Deutschland, im Spionagemuseum Berlin
Italien, auf dem Lago Maggiore
Italien, Pisa
Italien, Sardinien
In Spanien leuchten die Palmen im Sonnenuntergang
In Deutschland leuchtet das Lüneburger Rathaus.

Vorwärts-, Rückwärts-, Seitwärtsflip  – die indomove academy

Handstand unter Palmen. Einen Flip von der Strandpromenade oder aus dem Stand. Und coole Kids, die von coolen Typen lernen, wie sie das auch können. Das ist die indomove academy.
Und der Grund, warum wir im Februar nach Jávea in Spanien gefahren sind. Die Jungs hatten in Portugal mit John BERLINJOHN Förster einen echten Akrobaten kennen gelernt, der ihnen einige Kunststücke und Parkourgrundlagen zeigte. Das fanden sie so spannend, dass sie anfingen, zu üben. Radschlag und Handstand vor allem. Im Januar sah das noch ziemlich mickrig aus, was sie da zustande brachten. Aber der Wille war da und so wurde den ganzen Tag trainiert.

Als dann klar war, dass uns unser Weg nach Spanien führt, habe ich recherchiert, wo sie Akrobatik und Parkour trainieren können und fand die indomove academy. Nachdem wir einige Videos auf Instagram gesehen hatten, stand fest, dass wir einen cooleren Turnverein nicht finden werden. Und genau so läuft Freilernen für uns: Wir schauen, welche Interessen vorhanden sind und versuchen, diese zu fördern. Da wir örtlich ungebunden waren, konnten wir sogar unseren Wohnsitz nach den Interessen der Kinder ausrichten.

Kaum angekommen, ging es für uns also auch an den Strand, denn wir wussten, es gibt tägliches Training, nur am Sonntag ist Pause. Ich musste auch direkt den Coach ansprechen. Ein paar Tage haben wir noch zugesehen, dann gab es endlich das ersehnte Probetraining. Die Jungs waren Feuer und Flamme, also Benji auf jeden Fall. Joshua war erst noch etwas zurückhaltender. Und so starteten sie mit dem Training.

Drei Monate lang trainierten sie erst ein, bzw. zweimal die Woche, im letzten Monat sogar an drei Tagen pro Woche. Und sie waren stolz wie Bolle, als sie tatsächlich den Front Flip stehen konnten. Aber die indomove academy ist viel mehr für sie geworden als eine Möglichkeit, coole Tricks zu lernen. Die Trainer sind ihre großen Vorbilder, sie betrachten sie gar als ihre Freunde. Sie tragen ihre T-Shirts und Hoodies mit Stolz. In unsere Spaziergänge ist viel mehr Bewegung gekommen, denn alles wird als Hindernis für Parkourübungen genutzt. Und warum sollten sie normal gehen, wenn sie sich radschlagend, oder auf Händen gehend fortbewegen können… Benji möchte gerne, wenn er 16 ist, als Trainer mit einsteigen oder vielleicht seine eigene, die Benjimove academy gründen.

Als wir vor Weihnachten beschlossen, einen Monat in Jávea zu sein, waren beide selig. Wir hatten extra vorher geklärt, ob Platz für beide in den Kursen ist und sie haben jede Minute ausgekostet. Und natürlich haben beide neue Tricks gelernt und Sicherheit bei schon bekannten Moves gewonnen. Wir sind froh, dass unser Leben zulässt, immer mal wieder einige Zeit für indomove einzuplanen, falls unser Wohnort keinen so tollen Turnverein zu bieten hat.

Handstand am Strand
Handstand vor Traumkulisse
Backflip Übung am Strand
Backflip Übung am Strand
Junge mit indomove academy T-Shirt
Crewmate - mit Stolz wird das T-Shirt getragen
Ein Junge springt von einer in den Sand eingebuddelten Boje auf den Strand
Jump!
Am Strand turnt eine Gruppe Kinder, im Vordergrund steht ein Aufsteller mit der Aufschrigt indomove academy, an dem Schild sind Luftballons befestigt, einer hat die Form der Zahl Eins
Ein Jahr indomove academy und Benji ist dabei.
Auch auf der Fähre wird gehandstandet.
Ein Junge ist kopfüber in der Luft, daneben steht ein Trainer, der eine Hand an seinem Rücken hat, im Hintergrund ist der Strand zu sehen und eine Turnmatte
Front Flip, kopfüber erwischt
Ein Junge macht Handstand auf einer Mauer
Handstand around the world, immer und überall wird geturnt.
Handstand around the world, also auch am Sassendorfer Melkhus.

Ab ins Grüne – eine Waldwoche

Den Sommer haben wir, wieder einmal, in Deutschland verbracht. Zwei Monate waren wir hier und es war eine schöne Zeit. In diesem Jahr irgendwie entspannter. Mit meinen Eltern haben wir mehr unternommen als im Jahr zuvor und besonders eine Woche im August ist mir in Erinnerung geblieben. Wir waren richtig viel draußen, im Wald. Eine Zeitung in Lüneburg hat zur Ferienzeit immer eine Aktion für Kinder, bei der sie jede Woche neue Gewinnchancen auf Aktionen haben. Die Zeitungsbeilage, die über diese Aktionen informiert, nutzen wir auch immer als Inspiration für Ausflugsziele. Dort wurde das Naturum Göhrde vorgestellt. Ich fand vor allem das Waldlabyrinth spannend und beschloss, am Montag mit den Jungs einen Ausflug zu machen. Wir mussten zwar etwas fahren, aber es hat sich gelohnt. In Niedersachsens größtem historisch altem Wald am Ostrand des Wendlands wurden wir durch die Beantwortung spannender Fragen zum Wald kreuz und quer durchs Gelände geführt. Es waren kaum andere Besucher vor Ort, und da wir nicht auf befestigten Waldwegen gingen, war das schon etwas anderes als ein Spaziergang. Der Wald als echtes Erlebnis. Licht, Luft und Geräuschkulisse sind so besonders. Im Naturum gibt es auch ein Museum und einen Naturlehrpfad, diese waren aber geschlossen. Vielleicht besuchen wir sie ein anderes Mal, schön finde ich, dass wir dann das Labyrinth noch einmal begehen können, denn Strecke und Fragen werden jährlich erneuert.

Mittwoch nahm Joshua an einem Aktionstag teil, den er gewonnen hatte: Ein Tag im Wald, geführt und begleitet von einem Jäger. In einer Kindergruppe mit etwa 15 Kindern streifte er durch einen Wald westlich von Lüneburg und lernte allerlei über die Bewohner des Waldes, das Spuren lesen und Naturschutz. Er fand es richtig interessant und auch witzig, offensichtlich gelang es dem Jäger sehr gut, die Kinder zu begeistern. Der Gewinn war allerdings nur für Joshua, und so suchten Benji und ich nach einer Beschäftigung in der Nähe. Und wir wurden fündig, nicht weit entfernt bestiegen wir den Aussichtsturm bei Südergellersen und spazierten dort durch den Wald, bis wir Joshua wieder abholen konnten.

Am Freitag machten wir einen Ausflug in den Hochseilgarten Geesthacht. Der liegt direkt an der Elbe und befindet sich nicht auf einem eingezäunten Gelände, sondern ist frei zugänglich. Zum Gelände gehört auch ein Spielplatz und unter den Bäumen sind Picknickbereiche mit Tischen und Bänken ausgestattet. Die Plattformen in den Bäumen sind verbunden mit Drahtseilen, Hängebrücken, Schaukeln, Schwebebalken und Seilbahnen, so dass es Parcours von unterschiedlicher Art und Schwierigkeit gibt. Insgesamt 5 Parcours in 1,5 bis 9 Metern Höhe bieten für jedes Familienmitglied eine Herausforderung und jede Menge Spaß. Erschöpft, aber stolz fuhren wir nach stundenlangem Klettern mit einer Medaille nach Hause.

Zum Abschluss unserer Waldwoche ging es am Sonntag noch einmal hoch hinaus. Wir lösten Benjis Gewinn ein: Freikarten für den Baumwipfelpfad Heide Himmel. Gemeinsam mit meinen Eltern spazierten wir den Pfad entlang und arbeiteten uns immer weiter bis auf die Höhe der Baumkronen vor. Besonders schön ist, dass der Weg teilweise über das Gelände des Wildparks führt und wir auch Einblick in einige Gehege hatten. Außerdem wagten wir uns weit über die Baumwipfel bis auf die 45 Meter hohe Plattform hinauf und hatten einen fantastischen Blick über Wald und Heidelandschaft. Aber auch unterhalb des Pfades gab es noch etwas zu entdecken, denn auch am Waldboden gibt es einen Weg mit Infos zu Flora und Fauna. So hatten wir eine wahrlich grüne Woche, die einen herrlichen Kontrast zum Strand und den kargen Bergen Spaniens bildete, die uns in der ersten Jahreshälfte umgeben hatten.

Tja, in welcher Richtung geht es weiter? Spannende Fragen zum Wald im Labyrinth.
Damit wir nicht komplett durch die Pampa laufen, markieren Stöcke den Weg, allerdings auch den Falschen.
Geschafft. Wir haben den Durchblick beim Thema Wald.
Der große Bruder jagt durch den Wald, für uns geht es rauf auf den Aussichtsturm.
Der Hochseilgarten ist wirklich toll und bietet auf vielen Ebenen Abwechslung.
Hier klettere ich im Extreme Parcours, der erst ab 16 und nur mit Spezialeinweisung erlaubt ist.
Hoch hinauf in den Heide Himmel.
Grün, grün, grün, sind alle unsre Wälder.

Kurztrip nach Potsdam

26 Stunden in Potsdam. Eine Freundin hatte Urlaub und Lust, etwas gemeinsam zu unternehmen. Und ich fand den Gedanken, mal etwas Zeit ohne meine Familie zu verbringen, auch ganz interessant. Denn eine Auszeit nur für mich nehme ich mir viel zu selten. Also habe ich recht spontan noch ein Hotelzimmer gebucht, mir das 9€ Ticket besorgt und die Anfahrt in vollen Zügen genossen. Ich plante, am nächsten Tag wieder zurück zu fahren, meine Freundin wollte noch ein paar Tage länger bleiben.

Da die gemeinsame Zeit begrenzt war, gingen wir gleich in die Vollen und machten uns auf den Weg in den Schlosspark Sanssouci. Zu Fuß natürlich, unser Hotel war auch nur etwa einen Kilometer vom Parkeingang entfernt. Das Schloss Sanssouci wollten wir selbstverständlich gerne sehen, allerdings reichte es uns von außen. Hinter dem Schloss erblickten wir den Ruinenberg in der Ferne und beschlossen, ihn zu erklimmen. Und dann ging es wieder zurück in den Park, zur Orangerie, dem neuen Palais und irgendwie immer weiter und weiter. Bei herrlichem Sonnenschein wanderten wir so insgesamt über 7 Kilometer durch den Park, plus die Strecke hin und zurück vom Hotel. Uns qualmten die Füße.

Und das in meinen nagelneuen Barfußschuhen. Eigentlich wird dazu geraten, es mit Barfußschuhen langsam angehen zu lassen, um Schmerzen und Muskelkater zu vermeiden. Offensichtlich bin ich aber vorher bereits oft genug barfuß unterwegs gewesen, denn die körperlichen Folgen unseres langen Marsches hielten sich in Grenzen. Allerdings freute ich mich schon sehr, dass wir ganz in der Nähe des Hotels ein Restaurant fanden und ich meine Füße im Anschluss hochlegen konnte.

Am nächsten Morgen liehen wir uns dann Fahrräder, damit unsere Füße eine Pause vom Laufen bekamen. Aber ausruhen war dennoch nicht drin. Immerhin 30 Kilometer sind wir gefahren, hatten wieder Sightseeing Stopps und eine echt gute Zeit. Ich bin sehr dankbar, dass weder Zeit noch Entfernung unserer Freundschaft etwas ausmachen und wir uns so herrlich miteinander amüsieren können, auch und vor allem über uns selbst. Als meine Freundin dann wegen eines Notfalls ebenfalls am späten Nachmittag abreisen musste, fuhren wir noch ein Stück gemeinsam im Zug und waren froh, in der kurzen Zeit so viel gesehen zu haben. Und nun überlegen wir, welche Stadt wir uns als nächstes im Laufschritt vornehmen.

Wasserspiegelung am Ruinenberg in Potsdam
Wasserspiegelung am Ruinenberg in Potsdam.
Vor der Orangerie in Park Sanssouci
Vor der Orangerie in Park Sanssouci - ein bisschen Spaß muss sein.
Zwei Frauen knien vor Sonnenblumen im Park Sanssouci
Die Wanderdamen von Park Sanssouci.
Ich fahre auf einem Leihfahrrad hinter meiner Freundin durch den Wald
Auf Rädern können sich die Füße etwas entspannen.

Herausforderung Heimaturlaub

“Besuch ist wie Fisch. Nach drei Tagen fängt er an zu stinken.” Dieses Zitat von Benjamin Franklin macht mir immer wieder zu schaffen, wenn wir uns in Deutschland aufhalten. Denn dort sind wir immer zu Besuch. Auch wenn es seltener, oft lang erwarteter und sehr willkommener Besuch sein mag. Bei meinen Eltern haben wir immerhin unsere Gästewohnung, in der wir einen echten Rückzugsort haben. Nach Braunschweig, wo wir Richards Mutter und Freunde besuchen, fahren wir 2 Stunden mit dem Auto, und wenn wir nicht noch am gleichen Tag zurückfahren möchten, brauchen wir auch einen Platz zum Übernachten. Und schon geht es los. Wo übernachten wir und wie lange?

Denn bei Richards Mutter wird’s eng, wenn wir vier einen Schlafplatz brauchen. Es ist machbar, aber mit viel Umräumen verbunden. Außerdem bringen wir mit unseren Frühaufsteher-Kindern den Tagesrhythmus meiner Schwiegermutter völlig durcheinander. Ihre gesundheitliche Konstitution lässt wenig Unternehmung zu, Gesellschaftsspiele sind auch nicht ihr Ding. So ein mehrtägiger Besuch ist dann für alle Beteiligten sehr anstrengend. Wenn wir bei Freunden wohnen, fühlen wir uns auch verpflichtet, mit unseren Gastgebern viel Zeit zu verbringen. Ich ziehe mich nicht einfach so zurück, sondern sitze abends mit auf dem Sofa, obwohl ich manchmal lieber meine Ruhe hätte. Und frage mich, ob nicht auch meine Gastgeber vielleicht lieber ihre Ruhe hätten. Ja, zu Besuch zu sein ist für mich ganz schön stressig.

Dazu kommen dann die Gespräche der herausfordernden Art. Unser Lebensstil unterscheidet sich sehr von dem unserer Freunde und Familie. Und mit jedem Jahr werden die Unterschiede deutlicher, die Kluft tiefer. Um eine Brücke zu schlagen, ist oft ein ganz schöner Spagat zwischen: “Ich hab dich lieb” und “Ich kann nicht verstehen, wie du so leben kannst” nötig. Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Beine nicht lang und meine Hüften nicht beweglich genug sind, um diesen Spagat zu schaffen. Nicht immer will ich ihn noch schaffen. Aber auch das Akzeptieren von beendeten Beziehungen und das damit verbundene Loslassen ist nicht einfach.

Dieses Jahr haben das auch erstmals unsere Jungs erfahren. Sie besuchen auch gerne ihre Freunde in Braunschweig und bisher waren diese Verabredungen sehr schön. Die Kinder fanden sofort ins gemeinsame Spiel und es fühlte sich nicht so an, als wären sie lange getrennt gewesen. Dieses Jahr war das anders. Obwohl wir nur wenig Zeit in Deutschland verbringen, waren Verabredungen nicht mehr exklusiv. Andere Kinder waren ebenfalls anwesend. Das machte unsere Jungs traurig, sie hätten gerne ein paar Stunden nur mit ihrem Freund verbracht. Vor allem, weil sie die anderen Kinder gar nicht kannten.

Und Handys waren allgegenwärtig. Alle ihre Freunde besitzen mittlerweile ein eigenes. “Zur Sicherheit, für den Schulweg, falls mal was ist ” sind die Argumente der Eltern. Ich frage mich allerdings, warum die Kids dann ständig am Handy hängen um zu spielen oder zu chatten. Wenn das Handy für den Notfall da ist, wird es zuhause doch eigentlich nicht gebraucht? Und bei einer Verabredung ist es nun wirklich fehl am Platz. Unsere Jungs langweilten sich oft und es gab sogar eine Situation, in der sie Unwohlsein vortäuschten, damit die Mutter des Freundes mich anrief, um die Beiden abzuholen. Geblieben ist die Erkenntnis, dass die meisten Freundschaften sich wohl erledigt haben.

Das Thema Schule, oder eigentlich Bildung, ist natürlich auch eins der heiklen Sorte. Wir werden viel gefragt, wie das Leben ohne Schule funktioniert, wie wir das überhaupt machen. In manchen Gesprächen zeugt diese Frage von ehrlichem Interesse, in anderen von Sorge und Unverständnis. Uns wird vorgeworfen, den Jungs Möglichkeiten zu verbauen, ihnen Bildung zu verwehren und sie damit in die sichere Arbeitslosigkeit zu treiben.

Im Sommer haben wir einen Brief von einem Familienmitglied bekommen, der es in sich hatte. Darin steckte, unter dem Deckmantel der Sorge um unsere Kinder, soviel Misstrauen und Vorwurf, dass wir ein paar Tage für eine Antwort brauchten. Das tat weh. Und mit Menschen verhält es sich ja wie mit Schuhen: Tun sie weh, passen sie nicht. Nein, so einfach ist es natürlich nicht, der Spruch ist schnell gesagt, aber bei Menschen mag ich das doch etwas differenzierter sehen. Gut wäre es auf jeden Fall gewesen, dieses Gespräch persönlich zu führen. Denn von Angesicht zu Angesicht verzettelt man sich nicht so schnell und kann auch direkter auf Dinge reagieren.

Solche Gespräche triggern natürlich auch jedes Mal eigene Zweifel. Denn wir fragen uns auch regelmäßig, ob unser Weg so richtig ist. Doch nach intensivem Auseinandersetzen kommen wir immer wieder ins Vertrauen. Unseren Kindern und den Möglichkeiten gegenüber, die uns das Leben bietet. Letztendlich stärkt es uns in unserer Überzeugung, dass es richtig und gut ist, unsere Jungs interessengeleitet und frei lernen zu lassen.

So schön es auch ist, nach Deutschland zu kommen, es kann auch ganz schön herausfordernd sein. Und wie das so ist, brauchen wir anschließend meistens erstmal Urlaub vom Urlaub in der Heimat.

Manche Begegnung ist echt extrem. Eine gesonderte Einweisung wäre keine schlechte Idee.
Mantra für den Heimaturlaub

Jesus – mein Top Song des Jahres

Hast du ein Lieblingslied? Ich nicht. Natürlich höre ich einige Lieder besonders gerne, aber ich könnte nicht sagen, welches besonders heraussticht. Und dann kommt der Jahresrückblick von Spotify. Und zeigt mir, dass ich doch ein Lieblingslied habe. Zumindest eins, das mir im letzten Jahr besonders wichtig war. Im Jahr 2021 war das Was Freiheit ist von Silbermond. Das gibt auch gut wieder, was mein Thema des Jahres war. Ich habe mich viel damit auseinandergesetzt, was mir Freiheit bedeutet, wir haben freie Schulen angesehen und für uns Freiheit wieder neu definiert.

In diesem Jahr war ich erst sehr überrascht und hab mich dann sehr gefreut, was mein Lieblingslied war. Es heißt Jesus, höchster Name/ Friedefürst und ich habe es mir im letzten Jahr von Anja Lehmann vorsingen lassen. Eigentlich sind es sogar zwei Lieder, die aber eigentlich immer gemeinsam gesungen werden. Die englischen Originaltexte sind von Naida Hearn sowie Jim und Anne Mills aus den 70er Jahren, die deutschen Texte stammen aus dem Jahr 1988 von Gitta Leuschner. Ich kenne dieses Lied also bereits seit vielen Jahren und habe es auch schon hundertfach gesungen. Aber dieses Jahr war es mir anscheinend besonders nahe und wichtig.

Wenn ich mit diesem Wissen auf das Jahr zurückblicke, fällt mir auf, dass ich in diesem Lied immer wieder Trost gesucht und gefunden habe. Wenn ich nicht weiter wusste und es mir die Kehle zuschnürte habe ich sie mir wieder frei gesungen. Ich bin spazieren gegangen, habe einen Ort gesucht, an dem ich einigermaßen allein war und habe gesungen. Ich wurde manchmal gehört und darauf angesprochen, konnte so mit meinem Gesang anderen eine Freude machen, obwohl ich doch nur raus aus meinem Gedankenkarussel wollte. Oft war ich aber wirklich für mich, allein mit meinem Gott. Es hat mich selbst überrascht, dass ich es in diesen Momenten geschafft habe, den Blick von mir selbst weg und hin auf Jesus zu lenken. Und neuen Mut zu fassen.

Willst du es mal hören? Dann bitte hier klicken.

Nur Weite und Licht.
Der Regenbogen. Gottes Zeichen, das mir Hoffnung gibt.

Sehnsuchtsort Sardinien

Sardinien war lange ein Wunschreiseziel. Und im September dieses Jahres sind wir endlich auf die Insel gereist. Mit hohen Erwartungen. Denn von Sardinien wird viel geschwärmt, Landschaft und Meer sollen sehr beeindruckend sein. Karibik Europas klingt exotisch und speziell. Dementsprechend haben wir uns auf besondere Eindrücke gefreut. Und wurden in Bezug auf das Meer auch nicht enttäuscht. Ich habe in Europa noch nirgendwo solch klares Wasser gesehen. Oder nur an Steinstränden. Hier allerdings sind es schöne Sandstrände und trotzdem ist das Wasser so klar. Wenn wir schnorcheln waren, wollte Benji oft seine Schnorchelmaske nicht aufsetzen, und um Fische und Quallen zu beobachten, war das auch gar nicht nötig. Er spazierte einfach durchs Wasser oder direkt am Ufer auf Felsen entlang und konnte viele Tiere im Wasser ausmachen. Ich hatte auf diversen Reiseblogs nach den schönsten Stränden gesucht, stellte aber schnell fest, dass fast jede Bucht ihren eigenen Reiz hat und so haben wir uns viel Fahrzeit im Auto gespart.

Sardinien hat zudem beeindruckende Felsformationen zu bieten. Viele Buchten sind von solchen Felsen gesäumt, so dass neben Baden und Schnorcheln auch Klettern zu unseren Strandaktivitäten gehörte. Ich finde, die Felsen sehen aus wie hingetropft. Als wenn jemand Großes mit nassem Sand gespielt hat. An der Westküste wurde das Wasser auch schon mal wilder, auch im Norden gab es an stürmischen Tagen hohe Wellen. Überwiegend lag das Wasser aber spiegelglatt in den Buchten und oft war es auch weit ins Meer hinein noch sehr flach, eben kinderfreundlich. Und diese Farben… Aber was rede ich, in diesem Fall sagen Bilder Meer als tausend Worte, oder?

Endlich Sardinien - die Karibik Europas
Diese Farben
Ein Strand wie auf der Postkarte - La Pelosa bei Stintino
Kein Filter - ehrlich!

Ansonsten ist Sardinien unseren Erwartungen nicht gerecht geworden. Ja, die Felsformationen sind schon spannend anzusehen, aber darüber hinaus hat uns die Landschaft nicht umgehauen. Und so stellte sich bei mir auch nicht dieses Gefühl der Überwältigung ein, von dem ich gelesen hatte. Mein Eindruck ist aber sicher auch von den Straßenverhältnissen und den Campingplatzpreisen getrübt. Wir waren ja mit dem Wohnwagen auf der Insel, und das ist für Sardinien auf keinen Fall empfehlenswert. Auf engen und schlechten Straßen mit Gespann zu fahren ist schon herausfordernd. Uns wurde gleich am ersten Abend nach der Ankunft der Wohnwagenspiegel kaputtgefahren. Wir überlegten uns genau, welche Strecken wir mit dem Wohnwagen wirklich nehmen wollten und nahmen auch größere Umwege in Kauf. Ich glaube, mit einem kleineren Wagen ist es aber wirklich toll, die Insel auf einem Roadtrip zu erkunden. Für uns war es insgesamt eher ernüchternd. Einen Urlaub ist die Insel auf jeden Fall wert, wir möchten auch gerne wiederkommen und den Süden erkunden, aber sicher nicht wieder mit Wohnwagen. Ein Reisetagebuch mit Höhen und Tiefen findet ihr bald in einem eigenen Beitrag.

Panoramablick auf La Maddalena
Felsen, wie hingetropft.

Freilernerfestival

Freilerner gehen nicht zur Schule. Also fehlt ihnen diese Möglichkeit für soziale Kontakte. Das heißt aber natürlich nicht, dass sie keine sozialen Kontakte haben. In Vereinen, in Parks, an Stränden, auf Spielplätzen, bei Kursen etc. treffen sie Menschen unterschiedlichen Alters. Und um sich explizit mit anderen Freilernern zu treffen, gibt es z.B. Facebook und Telegram Gruppen. Weltweit werden auch sogenannte Worldschool Pop-Up-Hubs organisiert. Diese gehen über mehrere Tage oder Wochen. Es treffen sich Familien aus aller Welt und unternehmen in diesen Tagen etwas miteinander, das jemand vor Ort vorbereitet hat. Und es gibt Freilerner Festivals mit organisiertem Programm. Dieses beinhaltet Vorträge, Diskussionen und Aktivitätsangebote aller Art.

Schon länger wollte ich gerne an so einem Festival teilnehmen, bisher passte es aber irgendwie nicht in unseren Zeitplan. Doch das Treffen auf Sardinien kam uns sehr gelegen, denn wir hatten noch keinen Plan, wohin es nach dem Sommer gehen sollte, Sardinien stand aber schon ewig auf unserer Bucket List. Und so meldeten wir uns für dieses Festival an. Es wurde von Familien organisiert, die nach Mitstreitern für die Gründung einer Wohn- und Lerngemeinschaft auf Sardinien suchen und das Programm wurde von den teilnehmenden Familien gestaltet.

Für eine Woche trafen sich ca. 40 Familien auf einem Campingplatz. Nicht exklusiv, andere Camper waren auch noch da. Aber da der Campingplatz mit dem Ende des Festivals auch die Tore schloss, war es nicht überfüllt. Der Platz liegt direkt am Strand in Santa Lucia, in einem Pinienwald. Es gab einen überdachten Bereich mit Tischen und Bänken, den wir für Gemeinschaftsaktionen nutzen konnten. Nicht alle Familien sind schon Freilerner, aber alle daran interessiert. Einige leben bereits auf Sardinien und möchten dort gerne eine Gemeinschaft aufbauen und andere sind auf der Durchreise.

Wir stellten uns auf jede Menge Trubel ein, suchten uns aber bewusst einen Stellplatz eher am Rand des Campingplatzes aus, damit wir uns auch mal zurückziehen konnten. Dennoch hatten wir zwei direkte Nachbarfamilien, die auch zum Freilernerfestival gehörten. Gemeinsam mit einer weiteren Familie, die eher zufällig auf dem Campingplatz gelandet war und dann wegen des Festivals spontan die ganze Woche blieb, bildete sich so eine eigene kleine Gemeinschaft. Die Kontakte in dieser Runde waren für den kurzen Zeitraum sehr intensiv, sowohl unter den Kindern als auch den Erwachsenen.

Anfangs gab es ein eher spärliches Programm für die Woche, doch nach anfänglichem Kennenlernen wuchs das Angebot an Aktivitäten täglich. Es gab gemeinsames Buffet, basteln (z.B. Schmuck), malen, Kung Fu, Yoga, Tanzen, Gesprächsrunden zu Gemeinschaftsbildung und Freilernen, eine Lichtershow und vieles mehr. Und dazwischen braucht es ja auch noch Zeit, am Strand zu sitzen und aufs Meer zu schauen oder zu baden. Joshua und Benji organisierten einen Limostand, ihre Freunde erweiterten das Angebot um Pfannkuchentorte und Popcorn und auch ein Flohmarktstand war dabei. Unser Nachbarjunge lud regelmäßig zum gemeinsamen LEGO bauen ein. Überhaupt waren die Jungs immer unterwegs, gemeinsam mit den anderen Kindern zogen sie im Wald und am Strand umher oder spielten auf dem Platz.

Der letzte Abend wurde bunt, spontan wurden Witze erzählt, Quizfragen gestellt, Gedichte rezitiert und Lieder und Tänze vorgetragen. Als ich, einem Impuls folgend, für die Runde einen Reisesegen sang, wurde mir tatsächlich die Kehle eng und ich musste einige Tränen wegdrücken. Da wurde mir erst richtig bewusst, wie harmonisch und bereichernd ich diese Woche erlebt hatte. Der Austausch mit anderen Freilernern tat gut und es war auch sehr angenehm, nicht ständig erklären zu müssen, warum die Kinder nicht in die Schule gehen. Zwischendurch wurden wir zwar alle vier krank, doch auch das kann den Gesamteindruck nicht trüben. Für das Frühjahr 2023 ist wieder ein Festival geplant und wir können uns gut vorstellen, wieder teil zu nehmen. Und auch andere Freilernertreffen sind für mich durch diese Erfahrung interessanter geworden. Eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und miteinander in den Austausch zu kommen, sind sie auf jeden Fall.

Hangover in Santa Lucia, unser Platz beim Freilernerfestival. Katerstimmung gab es hier aber keine.
Beeindruckende Lichtershow beim Freilernerfestival.
Vielfältig wie der bunte Legohaufen ist auch die Freilernergemeinschaft.

Wie wollen wir leben? Wohn- und Lerngemeinschaften

Wir wollen nicht einfach irgendwo leben. Unsere Ansprüche sind hoch, die Wünsche vielfältig. Menschen, mit denen wir einen Teil unseres Alltags teilen können, gehören dazu. Wir dachten, in Spanien hätten wir einen Ort gefunden. Bis Juni glaubten wir, angekommen zu sein. Aber wie das so ist, kommt es häufig anders als gedacht. In Jávea hatten wir einiges, was wir auf der Wunschliste an ein Zuhause abhaken konnten. Die Gegend dort ist total schön, recht grün, die Küste bietet Abwechslung zwischen Sandstrand und felsigen Abschnitten, es ist nicht total zugebaut mit Hochhäusern und die Plantagen fügen sich ins Landschaftsbild, bestimmen es aber nicht. Die Jungs waren in Sportvereinen engagiert und schlossen darüber Kontakte, Freundschaften entstanden. Die Spanier dort sprechen sogar überwiegend Englisch, was uns den Start erleichtert. Allerdings ist das Leben dort auch recht teuer. Und die Kinder, mit denen sich unsere Jungs anfreundeten, gehen alle in die Schule, staatlich oder privat, aber bis 15 Uhr sind sie mindestens mit Schule beschäftigt. Dazu kommen Hobbies, denen sie nachgehen … naja, du merkst schon, im Grunde wäre es ziemlich einsam für die beiden.

Die Finca Kunterbunt

Allerdings gibt es in Denia, eine halbe Stunde entfernt von Jávea, eine Gemeinschaft von Freilernern, die uns Hoffnung machten, an diesem schönen Ort noch Menschen zu finden, die ihren Alltag auch ohne Schule gestalten. So kamen wir zur Finca Kunterbunt. Hier leben zwei Familien (ursprünglich waren es vier) dauerhaft und immer wieder halten Familien mit ihren Wohnmobilen, um das Gemeinschaftsleben für ein paar Wochen kennen zu lernen. Verschiedene Menschen, die wir unterwegs getroffen haben, hatten mir davon berichtet, persönlichen Kontakt gab es aber noch nicht und im Frühjahr kam aus unterschiedlichen Gründen kein Treffen zustande. Im Mai fand schafften wir es dann doch und wir fanden uns gegenseitig sympathisch genug, um mit dem Wohnwagen für zwei weitere Wochen zu bleiben.

Die Familien dort befanden sich gerade in einer Phase der Neuorientierung. Für uns stellte sich die Frage, ob wir da mit einsteigen wollten oder nicht. Leben an der Finca, im Tinyhouse auf dem Grundstück oder einer Ferienwohnung in der Nähe? Wie bringen wir uns im geplanten Konzept ein? Wir nahmen die Überlegungen mit nach Deutschland und im Laufe des Sommers wurde uns klar, dass uns das Konzept (noch) nicht überzeugt, außerdem völlig unklar ist, Kinder welchen Alters dort sein werden. Die Kinder vor Ort gehen nämlich überwiegend auch auf eine Schule, zwar eine freie, in der Alltagsgestaltung macht das für uns aber keinen Unterschied. Denn zwischen 8 und 16 Uhr sind sie eben auch einfach nicht da. Zusammen mit den hohen Mieten in Jávea führten diese Überlegungen dazu, dass wir uns gegen die Finca  entschieden. Mittlerweile ist das neue Programm gestartet. Im November kamen wir noch einmal für einen Monat nach Jávea und schlossen uns einem Ausflug an. Ich fand das einerseits schön, die Menschen wieder zu treffen, andererseits war mir die recht große Gruppe Fremder zu viel und es bestätigte sich auch mein Gefühl, dass wir in diese Gruppe nicht wirklich passen.

Im Sommer in Deutschland waren wir ziemlich am Ende mit unserem Latein. Es war klar, dass wir ankommen mussten, aber so ein Zuhause schüttelt sich nicht so leicht aus dem Ärmel. Wir wussten lange nicht, wohin es weitergehen soll und entschieden dann irgendwann im August: Es geht nach Sardinien. Auf dem Weg dorthin halten wir am Lago Maggiore an. Sowohl dort als auch auf Sardinien wussten wir von Freilernergemeinschaften, die wir besuchen wollten. Und wir beschlossen, dass wir zum Überwintern dann eben an einem der beiden Orte bleiben, je nachdem, welcher uns mehr zusagt. Dass beide durchfallen könnten, erlaubten wir uns nicht zu denken.

Ein Garten für Kinder

Auf Sardinien besuchten wir den Garten für Kinder. Auch von dieser Gemeinschaft hatte ich schon gehört und gelesen, ich glaube bereits 2019 tauchte der Garten auf meinem Radar auf. Die Website bietet eine bis ins letzte Detail ausgearbeitete Vision der Gründerin, die allerdings recht klare und starre Vorgaben für die Kinder beinhaltet, was mir zu unserer Familiensituation nicht zu passen schien. Aber da wir sowieso einen Aufenthalt auf der Insel planten, wollten wir uns diese Gemeinschaft doch wenigstens mal anschauen.

Wir besuchten die Familien auf dem Grundstück im Norden Sardiniens erstmal nur für einen Nachmittag. Bereits bei der Anfahrt war mir klar, dass wir uns den Besuch eigentlich schenken könnten, denn die Straße ist wirklich schlecht. Es erinnerte mich von der Abgeschiedenheit und der Beschaffenheit der Straße an Torrao in Portugal. Dort leben Freunde, bei denen wir mehrfach für einige Wochen auf dem Grundstück standen. Unsere Aufenthalte dort haben uns gezeigt, dass diese Art zu leben für uns nicht in Frage kommt. Doch nun waren wir schon hier, also blieben wir natürlich.

Das Grundstück ist auch wirklich wunderschön, sehr offen und weitläufig mit vielen Bereichen, die zum Spielen und Entdecken einladen. Auch ein Haus, ein Gewächshaus und eine in den Felsen gebaute Wohnung sind vorhanden, die Raum zum Wohnen und Lernen bieten. Es gibt schon einen Werkstatt-, einen Kreativbereich, und in Haus und Wohnung sind Lese- und Spielecken eingerichtet, es gibt einen Computerplatz und schon viel Material, das genutzt werden kann. Das Grundstück hat echt viel Potenzial. Nur der Gedanke, so abgeschieden zu leben gefiel mir eben gar nicht. Die Information, dass es sich beim Garten für Kinder auch nicht um eine Wohngemeinschaft, sondern eher eine Art freies Schulprojekt handelt, war neu für uns. Eigentlich werden also Eltern gesucht, die in der Nähe wohnen und jeden Tag mehrfach diese Strecke fahren. Das konnte ich mir noch weniger vorstellen.

Wir fuhren mit gemischten Gefühlen zurück zum Campingplatz und wägten über Wochen immer wieder Vor- und Nachteile ab, entschieden uns aber letztendlich dafür, mit unserem Wohnwagen für einen, eventuell auch zwei Monate dort zu stehen und direkt zu erleben, ob es nicht doch etwas für uns sein könnte. Die Zeit dort machte allerdings sehr deutlich, dass unser erster Eindruck richtig war. Ohne ins Detail zu gehen, muss ich sagen, fühlte ich mich statt im blühenden Garten für Kinder doch eher im Kindergarten. Auf jeden Fall war uns recht schnell klar: Wir reisen wieder ab. Und schon bald nach unserer Abreise erreichte uns dann die Nachricht, dass es den Garten für Kinder als Bildungsprojekt nicht mehr gibt. Bäm! Was für ein seltsames Gefühl. Da reisen wir ab und alles implodiert. Nicht, dass das an unserer Abreise gelegen hätte. Aber mit jedem Tag vor Ort konnte ich mir auch weniger vorstellen, dass das Projekt wie gedacht funktionieren könne. Und es scheint andere Pläne für das Grundstück zu geben, vielleicht eignen sich diese besser zu Verwirklichung.

Projektvilla Luz

Anfang Oktober erreichte mich dann auch noch eine unerwartete Nachricht zu einer Pop-Up-Überwinterer-Community in Portugal an der Algarve mit der spontanen Anfrage, ob ich mir vielleicht sogar vorstellen könne, mich bei einem geplanten Bildungsprojekt dort einzubringen. Mmh, noch ein Winter in Portugal? Nee, das wollten wir nicht. Dennoch spukte mir der Gedanke einige Zeit im Kopf herum. Denn eine große Community in einer bekannten Umgebung mit Bildungsprojekt ist natürlich schon interessant. Zusätzlich trafen wir auf Sardinien dann noch eine Familie, mit der wir uns sehr gut verstanden, die genau dort hinwollte. Und auf deren Instagram Account ich dann auch schon sehen konnte, wie das Projekt dort läuft. Aber der Wunsch nach etwas Dauerhaftem überwog und in Portugal war klar, dass die Community nur auf Zeit bestehen wird.

Stella Verde

An den Lago Maggiore fuhren wir mit erheblichen Bedenken. Bereits 2018 besuchten wir eine entstehende Gemeinschaft in einem Bergdorf in Süditalien. Und etwas ähnliches erwarteten wir irgendwie auch dort. Aber Landschaft und Infrastruktur sind völlig anders. Bereits bei der Anreise waren wir positiv überrascht. Und das gute Gefühl hat sich gehalten. Wir hatten richtig Glück. Denn genau an dem Tag, als wir am Lago Maggiore stoppen wollten, begann dort ein Kennenlerntreffen der Gemeinschaft. So haben uns die Menschen vor Ort ihr Zuhause gezeigt und einige der Treffpunkte, die sie gerne aufsuchen. Wir hatten Gelegenheit zu vielen Gesprächen und trafen auch andere Familien, die überlegen, dauerhaft zu bleiben. Es passte zwischen Kindern und Erwachsenen und weiterfahren war gar nicht mehr so wichtig. Das hatten wir echt nicht erwartet, freuten uns aber natürlich sehr. Da Sardinien aber fest eingeplant war, beschlossen wir, im Anschluss daran auf jeden Fall wieder zu kommen und die Gemeinschaft Stella Verde näher kennen zu lernen. Stella Verde heißt übrigens grüner Stern. Ein Stern, der grün wie die Hoffnung leuchtet – klingt doch gut, oder?

Wir wissen und freuen uns darauf, dass es keine Wohngemeinschaft ist, sondern ähnlich wie in einem Dorf, das Leben miteinander geteilt wird, und dennoch jede Familie für sich wohnt. Es wird miteinander gekocht und gegessen, gelernt, Ausflüge unternommen und Hobbies nachgegangen, je nachdem, wozu mensch Lust hat. Aber da wir nur wenige Tage dort waren, können wir natürlich noch nicht wirklich einschätzen, wie unser Alltag aussehen kann. Eine Sorge ist, dass die Familien, mit denen wir viel Zeit verbracht haben, zu einem großen Teil wie wir nur geschnuppert haben und noch nicht zur Gemeinschaft gehören. Die Kinder erwarten ein ähnliches Setting und eine ähnliche Atmosphäre wie beim Kennenlerntreffen, was wohl unwahrscheinlich ist und wir fragen uns, ob der Ort dennoch unser Zuhause werden kann, ob die Kontakte trotzdem intensiv werden. Wir werden es herausfinden, denn ab Februar haben wir dort eine Wohnung gemietet.

Finca Kunterbunt 2.0, Neustart oder nichts für uns?
Garten für Kinder, viel Platz und doch so eng.
Portugal ruft, doch wieder an der Algarve überwintern?
Hier fühlt sich alles stimmig an. Ausblick auf den Lago Maggiore.
Strahlend am See. Ich fühle mich wohl.

2022 in Zahlen

Reisen

  • 6 Länder bereist
  • ca. 12.000 km gefahren
  • 3 Fährüberfahrten mit Wohnwagen innerhalb von 4 Monaten
  • 18 Campingplätze, 2 Privatgrundstücke, 2 Ferienhäuser/-wohnungen
  • 6,5 Monate lebten wir in festen Unterkünften, 5,5 Monate im Wohnwagen

Spotify

  • 7 Genres ausprobiert
  • 9474 Minuten Musik und Podcasts gestreamt
  • 1919 Lieder gestreamt
  • 307 Künstler gehört
  • 225 Minuten mit Michael Jackson verbracht

Fitness

  • 19 Workouts (Nike)
  • 10 Workouts (Seven)
  • 6 Workouts (Jillian Michaels)
  • 30 Tage Shred (Jililan Michaels) mehrmals angefangen, 1x durchgezogen

Sonstiges

  • 6 Millimeter (kürzestes Haar nach Friseurbesuch))
  • Bei 5 verschiedenen Friseuren in 3 verschiedenen Ländern gewesen, 3x davon unzufrieden
  • 09.04. / 28.11. erstes und letztes Bad im (Mittel)Meer
  • 54 Artikel im Schnitt pro Monat eingekauft (laut meiner Einkaufszettel App)

Was 2022 noch so los war

Feindliche Übernahme in Aljezur, Portugal. Die Prozessionsspinnerraupen nehmen alles in Beschlag.
Karfreitag in einer tollen Kirche im katholischen Kindergottesdienst in spanischer Sprache, ein besonderes Erlebnis.
Calima in Jávea, der Saharasand liegt in der Luft.
Vor tiefem Wasser hatte er noch Angst, doch die Freude am Schwimmen mit den anderen Kindern ist zu groß. Mit einem beherzten Sprung ins Wasser schwimmt Benji sich endlich frei.
Weil Joshua nicht schwer genug war, musste ich mit Richard rutschen. Erst fielen wir senkrecht runter, dann ging es hier hoch ...
... und ich habe bis zum Schluss geschrien wie am Spieß! Trotzdem war es ein großer Spaß!
Ich habe ein Lavendelfeld gefunden und erwische diese fleißige Biene mitten im Flug, was ich aber natürlich erst beim Durchsehen der Fotos bemerke.
Auf einem Campingplatz in Frankreich sind Zikaden.
Sie häuten sich und sind einfach ...
... überall.
Kaum sind wir über die deutsche Grenze gefahren, regnet es.
Wir haben unseren Wohnwagen vermietet. Bei der Rückgabe bin ich zufällig gerade unterwegs. Da fährt der Homie vor unserem Auto, ein komisches Gefühl.
Richard wird 50 - ein halbes Jahrhundert! Sieht man gar nicht, oder?
Und ich habe noch einen Grund zum Feiern. Ich habe um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten und meiner Bitte wurde entsprochen. Auf die Freiheit!
Alles schieben ...
... und stützen nützt nix.
Auf der Fähre war auf einmal der Pool gefüllt, da konnten die Jungs nicht widerstehen.
In Unterwäsche und ohne Handtuch mag ich nicht baden gehen, bei mir müssen die Füße reichen.
Ach ja, und Corona kam auch noch vorbei.
Ein neugieriger Esel
In einem kleinen sardischen Dörfchen gibt es einen deutschsprachigen Friseur, und ich kann mein Glück kaum fassen. Ich hab die Haare schön.
Laut Internet gibt es keine Giftschlangen auf Sardinien. Aber diese hier auf unserem Grundstück ist sehr real.
Diese schmale Rampe mussten wir mit Wohnwagen rückwärts runter.
My happy place - an meinem Geburtstag Ende November im Meer. Einfach wunderbar!
Ich bin im Zauberwürfelfieber. Und diese vier ...
... sind kein Problem.

Ein Ausblick – Was wartet 2023 auf mich?

Anker werfen: Jetzt aber wirklich. Wir richten uns am Lago Maggiore häuslich ein.

Weiterbildung: Ich nehme ein neues Aufgabenfeld in Angriff.

Mein Motto für 2023: Zurück zu mir – Ich richte mich neu aus.

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