Zum Abschluss unserer Zeit in den USA haben wir uns noch einen Roadtrip gegönnt. Von der Ost- an die Westküste. Einen Teil davon waren wir in einem Wohnmobil unterwegs. Für mich, ebenso wie für die Kinder, eine Premiere. Ich bin generell nicht so der Campingfreund, mir ist eine eigene Dusche (die ich täglich benutze und zwar bevorzugt mit warmem Wasser) und Toilette wichtig, ich habe gerne meinen Rückzugsraum und die Kinder breiten sich mit ihrem Spielzeug eigentlich im ganzen Haus aus. Eigene Dusche und Toilette sind im Wohnmobil ja sogar vorhanden, Platz ist da aber üblicherweise Mangelware. Und so waren wir gespannt, wie uns die Reise mit dem rollenden Zuhause gefallen würde.

Da die Mietpreise für ein Wohnmobil recht hoch sind, haben wir bei Cruise America angefragt, ob Überführungen in unserem geplanten Reisezeitraum und -gebiet möglich sind und wurden fündig. Für einen sehr viel geringeren Preis konnten wir so ein Wohnmobil von Austin, Texas nach Phoenix, Arizona bringen und hatten ausreichend Zeit, um der Strecke noch einige interessante Stopps zuzufügen, die nicht wirklich auf dem Weg liegen.

In Austin holten wir das Wohnmobil ab und ich war angenehm überrascht. So geräumig hatte ich es nicht erwartet. Über der Fahrerkabine befand sich ein Schlafplatz, hinter dem Fahrer gab es eine Sitzecke mit (Klapp)Tisch für vier Personen, die sich zum Bett umbauen ließ, dann folgte eine Küche, gegenüber boten Schränke Stauraum und im hinteren Teil war ein kleines Bad mit Dusche und WC, das Waschbecken passte da nicht hinein und war deswegen hinter der Tür zum Bad, gegenüber vom dritten Schlafplatz. Ein two-bedroom-home auf Rädern, sozusagen, nur dass die Türen zu diesen Zimmern aus Stoff bestanden, aber immerhin, man kann die Schlafplätze durch Vorhänge vom Rest des Wohnmobils abtrennen. Wir verstauten unseren Kram und starteten unsere Abenteuerreise. Campingplätze hatten wir keine im Voraus gebucht, da es in den USA vielerorts erlaubt ist, wild zu campen und es andererseits auch sehr viele Campingplätze gibt, so dass wir hofften, auch spontan einen guten Platz für die Nacht zu finden. Wir hatten Apps gefunden, über die wir die diversen Übernachtungsmöglichkeiten mit Bewertungen anderer Camper finden konnten und freuten uns auf die Reise.

Leider war unser Wohnmobil schon recht alt und in entsprechend schlechtem Zustand. Bereits an Tag 2 mussten wir einen unfreiwilligen Stopp bei einer Werkstatt einlegen, denn unser Wohnmobil wurde jedesmal, wenn wir die Klospülung betätigten, unter Wasser gesetzt. Frischwasser immerhin, aber dennoch kein Zustand. Nachdem ein gebrochenes Teil ausgetauscht worden war, funktionierte sie nun einwandfrei und es konnte weitergehen. Leider brachte dieser Stopp unseren Zeitplan etwas durcheinander, aber erstens, kommt es anders und zweitens, als man denkt, oder? Während der Fahrt mussten wir diverse Plastikabdeckungen festkleben, überall klapperte und rasselte es und machte einen Lärm, der Unterhaltungen fast unmöglich machte. Die Wasserleitungen waren insgesamt nicht wirklich dicht. Sobald die Wasserpumpe lief, also, immer wenn wir Wasser brauchten (kochen, Hände waschen, abwaschen…) lief das Wasser irgendwann hinter den Abdeckungen hervor durchs Wohnmobil. Es gab also immer mal wieder nasse Füße und schlechte Laune, denn ich fand es schon sehr ärgerlich, dass uns so ein Schrottmobil angedreht wurde. Immerhin bekamen wir die Überführung des Fahrzeugs ja nicht geschenkt, sondern zahlten dafür, zwar weniger als den normalen Mietpreis, aber solch einen Zustand rechtfertigt das nicht.

Mein Enthusiasmus kühlte sich bereits auf der ersten Fahrt ab. Es war so laut. Also, natürlich war mir vorher klar gewesen, dass die Geräuschkulisse in einem Wohnmobil eine andere ist als im Auto, aber – es war SO LAUT. Da wir möglichst schnell aus Texas rauswollten, dauerte die Fahrt einige Stunden und der Lärm ging mir recht bald gehörig auf die Nerven. Richard und ich konnten uns kaum unterhalten, Musik oder Hörspiele zur Unterhaltung der Kinder waren nicht möglich, da hinten keine Lautsprecher waren und wir die Lautstärke daher so hoch hätten drehen müssen, dass uns die Ohren abgefallen wären. Dann war da noch die Frage, wo wir nachts bleiben wollten. Mittlerweile war es bereits dunkel, was die Suche noch erschwerte. Richard wollte wild campen, ich hatte prinzipiell nichts dagegen, aber der Platz erwies sich dann als begrünter Randstreifen einer Straße, direkt am Zaun zum Flughafen. Das erschien uns irgendwie nicht richtig, andere Camper waren auch nicht in Sicht, also drehten wir wieder um und landeten schließlich bei WalMart auf dem Parkplatz. WalMart präsentiert sich nämlich recht camperfreundlich, Übernachtungen dort sind fast überall möglich, die Erlaubnis der Geschäftsleitung sollte man sich besser holen, dann aber kann man auf dem Parkplatz bleiben.

Zugegeben, das klingt jetzt nicht besonders romantisch, erwies sich aber als ganz praktisch. Einen Supermarkt (der 24 Stunden lang geöffnet ist) direkt vor der Tür zu haben, hat auch Vorteile. Dennoch sollte es eher die Ausnahme bleiben, eigentlich träumten wir von einsamen, romantischen Plätzen irgendwo im Nirgendwo. Und bereits für die nächste Nacht haben wir genau so einen Platz gefunden. In New Mexico, am Rande der Wüste führte eine Schotterpiste einen Berg hinauf und bot an einigen Stellen Platz zum Verweilen, gut erkennbar an den Feuerstellen, die andere Camper hinterlassen hatten. Diese Stelle wurde uns sogar von einer Rangerin im National Monument, dass wir besucht hatten, empfohlen. Wir machten ein Lagerfeuer und fühlten uns wild und frei.

Und so ging es weiter. Von den elf Nächten im Wohnmobil verbrachten wir sechs auf z.T. sehr unterschiedlich ausgestatteten Campingplätzen, zwei Nächte standen wir bei WalMart auf dem Parkplatz und drei Nächte campten wir wild. Besonders gut gefiel mir ein Campingplatz in der Nähe von Phoenix. Dort standen wir auf dem Wildcampergelände, d.h. wir hatten weder Strom-, noch Wasseranschluss, aber dafür eine tolle Aussicht, denn wir standen direkt am See. Und wir konnten sämtliche Anlagen des Campingplatzes mitnutzen, zu denen auch ein toller (beheizter) Pool und ein Whirlpool gehören.

Spannend waren auch die Begegnungen mit anderen Campern. Die Amerikaner lieben Camping und viele verbringen gerne ihre Wochenenden auf Campingplätzen vor der Stadt oder leben gar full-time in einem Wohnmobil. In Arizona lernten wir zwei Kanadier kennen, die sich einen Lieferwagen zum Wohnmobil umgebaut haben, mit Klappbett, Ausziehschrank für Fahrräder und Komposttoilette – beeindruckend.

Wäre unser Wohnmobil besser in Schuss gewesen, hätte mir die Reise noch besser gefallen, aber auch so habe ich festgestellt, dass ich mir das Camperleben ganz gut vorstellen kann. Auch auf wenigen Quadratmetern kamen wir gut zurecht. Die Kinder mussten ihre Spielsachen nach dem Spielen eben wieder wegräumen oder gleich das große Zimmer vor der Tür nutzen ;-). Aber die eigene Küche immer dabeizuhaben und wenn der Hunger aufkommt, für eine Pause einfach irgendwo anzuhalten und jederzeit dort bleiben zu können, wo es uns gefällt, das hat schon was. Allerdings wäre mir ein Wohnwagen lieber, denn im Auto reist es sich doch angenehmer und für Einkäufe und Ausflüge ist ein Auto doch praktischer als das große Wohnmobil. Einige Straßen sind z.B. für Wohnmobile gar nicht befahrbar und auch Parkplätze sind nicht überall für Wohnmobile geeignet. Aber dies war sicher nicht unser letzter Urlaub im R(ecreational) V(ehicle), denn: Lieber 1000 Sterne am Himmel als 5 an der Hoteltür.

Fun Facts unserer Reise:
*Wir haben unseren Kulturbeutel vor das Steuerungselement der Heizung gehängt und bestimmt eine Woche gebraucht, dies zu bemerken, bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt…
*Auch dass das Wasser etwas Zeit braucht, um aufzuwärmen, mussten wir erst lernen, aber: Was uns nicht umbringt, macht uns nur härter…
*Viele Wohnmobile fahren mit einem Auto im Schlepptau, um mobil zu sein, uns begegneten so viele davon mit Jeep im Schlepptau, dass wir überzeugt waren, es müsse einen besonderen Deal für diese Kombination geben, bis uns auffiel, dass ein Jeep einfach mega praktisch ist, man kann off-road wie innerorts damit prima unterwegs sein…
*Bei der Entleerung des Schmutzwassertanks ist das Tragen von Handschuhen unbedingt zu empfehlen…
*Es ist ganz schön dunkel da draußen.
*Camping im Monument Valley ist, wenn morgens beim Lüften ein Pferd den Kopf in die Tür und die daran angehängte Mülltüte steckt…

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